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Neuburgweier
Die Geschichte von Neuburgweier
Hinweis:
Verfasser: Josef Spörl. Alle Rechte vorbehalten.
Mein Dank gilt Josef Spörl für die Zuverfügungstellung des
Textes
Mit 2440 Einwohnern und einer Gemarkungsfläche von 385 Hektar
ist Neuburgweier der kleinste Ortsteil. Er liegt in der Stromaue,
108 Meter ü.d.M.
Die Ortslage war bis zur Regulierung des Rheines durch den veränderten
Lauf der Rheinarme gefährdet.
Bis zum Jahre 1707 ist die Geschichte des Rheindorfes Neuburgweier
mit der Geschichte der auf der anderen Rheinseite gelegenen Stadt
Neuburg identisch. Bis zu diesem Zeitpunkt gehörte Neuburgweier
als Weiler zur pfälzischen Stadt Neuburg und war damals auch auf
der westlichen Rheinseite gelegen.
Neuburg dürfte um das Jahr 1100, damals rechtsrheinisch gelegen,
zur Sicherung des Rheinüberganges der Grafschaften Lutramsforst
(Bienwald) und Forchheim durch den Bischof von Speyer gegründet
worden sein, dem Kaiser Heinrich IV. die Grafschaften links und
rechts des Rheins im Jahre 1086 - wie Forchheim - geschenkt hatte.
In einem Teilungsvertrag, der von den Brüdern Otto und Eberhard
von Eberstein im Jahre 1219 abgeschlossen wurde, ist Neuburgweier
erstmals urkundlich erwähnt. In diesem Vertrag erhielt Otto von
Eberstein - neben anderen Orten - auch "Nuenburc et Wilre cum omni
Jure" (Neuburg und Weier mit allem Recht). Bis 1259 befand sich
Neuburg und Weier als Lehen des Hochstifts Speyer im Besitz der
Grafen von Eberstein. Seit 1383 sind beide Gemeinden kurpfälzisch.
In diesem Jahr hat Pfalzgraf Rupprecht I., "Stadt und Feste Neuenburg"
dem Heinrich von Lichtenberg im Elsaß abgekauft.
Von 1540 bis 1590 war Neuburg und Weier den Freiherren von Fleckenstein,
südlich von Weißenburg, verpachtet gewesen.
Seit 1592 ist Neuburgweier geographisch von dem bis dahin rechtsrheinischen
Neuburg getrennt. In diesem Jahr brach der Rhein, der vorher in
einem Bogen westlich um Neuburg herumfloß, zwischen Neuburg und
Weier durch und schuf sich sein bis heute verbliebenes Bett.
1680 wurde das Gebiet von Neuburg und Weier durch Frankreich in
Besitz genommen. An diese Zeit erinnert noch das älteste, schon
um das Jahr 1700 genannte Wirtshaus "Drei Lilien". Die französischen
Könige, die Bourbonen, haben drei Lilien in ihrem Wappen. 1683 finden
wir in Neuburgweier unter 9 Familien, die hier leben, 5 calvinistische.
Durch den Riswicker Friedensschluß im Jahre 1697 fiel der Ort wieder
an die Kurpfalz, wurde aber durch den Kreuznacher Staatsvertrag
vom 24.08.1707 an die Markgrafschaft Baden-Baden abgetreten. Seit
dieser Zeit bis zur Fusion 1975 war die Gemeinde selbständig.
Von der Größe in früherer Zeit in der kirchlichen Bedeutung der
Gemeinde zeigt heute noch der gotische Chor der St.-Ursula-Kapelle,
die 1495 "unserer lieben Frau" geweiht war. Das Langhaus dieser
Kirche hatte mit 170 qm zur damaligen Zeit die doppelte Größe an
Fläche, wie die Kirche in Forchheim und Mörsch zusammen aufzuweisen.
Im Jahre 1786 wurde das baufällige Langhaus abgerissen und durch
einen neuen Anbau ersetzt, der 1871 in neugotischem Stil umgebaut
wurde.
Ab diesem Zeitpunkt besteht auch das Patronat der hl. Ursula als
Schirmherrin, die bei ihrer Romreise den Rhein als Verkehrsweg benutzt
hatte und so mit Neuburgweier in Berührung kam.
Während der Rhein in früheren Zeiten mit seiner Naturgewalt alles
beherrschte, in trockenen Jahren die Fluren feucht hielt und in
Regenzeiten durch Überschwemmung die Ernten vernichtete, sind durch
die Rheinregulierung und die Hochwasserdämme seinem Lauf Grenzen
gesetzt worden.
Bereits nach 1800 waren mit Frankreich Verhandlungen geführt worden,
um die Rheinniederung vor den Auswirkungen der Hochwasser und vor
den Veränderungen des Stromlaufes zu schützen. Man sah als die einzige
Lösung die Begradigung des Stromlaufes an. So wurden in den Jahre
1817/19 Verträge mit Bayern über die "Rectifikation" des Rheins
von Lauterburg bis Dettenheim geschlossen.
1818 wurde mit dem Graben des ersten Durchschnittes begonnen und
im Frühjahr 1819 wurde die linksrheinische Halbinsel Rappenwörth
durchstochen, so daß die Schiffe schon im Jahre 1820 den Talweg
westlich der Insel befahren konnten. Zwischen Neuburg und Weier
wurde kein Durchstich vorgenommen, da infolge des Sogs der vorhergehenden
Durchschnitte dar Strom sein Bett von Osten nach Westen des Bellenkopfs
und über den Fruchtkopf hinweg selbst verlegt hat. Zahlreiche landwirtschaftliche
Nutzflächen in der Niederung, die vor der Korrektion durch Tulla
stark vom Grundwasser geschädigt waren, wurden gewonnen. Den Spätfolgen
der Korrektion wird heute mit Geschiebezugaben begegnet, um die
fortschreitende Tiefenerosion aufzuhalten.
Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 wurde Neuburgweier
immer mehr zum Arbeitsdorf mit landwirtschaftlichen Kleinbetrieben
und einigen Berufsfischern.
Im Jahre 1935 wurde nach dem Bau der festen Rheinbrücke bei Karlsruhe
das Zollamt Karlsruhe-Maxau nach Neuburgweier verlegt. Dies bewirkte
eine wesentliche Umstrukturierung des Ortes.
Durch Einbeziehung des Ortes in den Westwall wurde Neuburgweier
1939 zum Kampfgebiet. Nach schwerer Beschießung drangen die Franzosen
am 06. April 1945 in Neuburgweier ein. Der Gegenangriff der deutschen
Truppen verursachte große Verluste (51 Tote sind auf dem Friedhof
beerdigt).
Durch die Vertreibung der Volksdeutschen aus der Tschechoslowakei,
aus Ungarn und Jugoslawien kamen im Jahre 1946 250 Neubürger ins
Dorf. Die Unterbringung und Versorgung erforderte von der Bevölkerung
große Opfer. Mit Tatkraft gingen alle an den Wiederaufbau der zerstörten
und die Instandsetzung der durch Kampfhandlung beschädigten Gebäude
heran. So konnte auch bereits 1949 das völlig ausgebrannte Rathaus
wieder bezogen werden. 1950 wurde das Schulhaus umgebaut und der
Grundstein zu der bereits 1936 geplanten neuen St.-Ursula-Kirche
gelegt, die im Jahre 1952 eingeweiht werden konnte. Die alte St.-Ursula-Kapelle
wurde 1954 der evangelischen Kirchengemeinde übereignet. 1958 konnte
das renovierte evangelische Gotteshaus geweiht werden.
Der Wohnbedarf in der Gemeinde konnte seinerzeit durch Erschließung
von Baugelände erfüllt werden, so daß sich der Ortsetter gegenüber
vor dem Zweiten Weltkrieg heute mehr als verdoppelt hat.
Die "alte Verbindung" zwischen der ehemaligen "Muttergemeinde" Neuburg
und dem durch den veränderten Lauf des Rheines abgetrennten Weiler
Neuburgweier wurde durch die Inbetriebnahme der Rheinfähre "Baden-Pfalz"
im Jahre 1984 wieder aufgenommen.
© Manfred Heil
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